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Erste öffentliche Anhörung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) für die Zentralafrikanische Republik am 17. Dezember 2021 in Bangui. ©Maxence Helen Erste öffentliche Anhörung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) für die Zentralafrikanische Republik am 17. Dezember 2021 in Bangui.

Die Informationspflicht mit der pflicht zur gerechtigkeit verbinden

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Caroline Vuillemin, Generaldirektorin der Fondation Hirondelle, berichtet von der journalistischen Arbeit der Stiftung, die darauf abzielt, dass die von den Verbrechen betroffenen Gesellschaften die Arbeit der internationalen Gerichtsbarkeit und der Übergangsjustiz verstehen können. Dieser Artikel ist unserer 12. Publikation "Mediation" entnommen, die Sie unter diesem Link finden.

Welche Aktivitäten verfolgt die Fondation Hirondelle auf medialer Ebene im Bereich der internationalen Gerichtsbarkeit seit ihrer Gründung im Jahr 1995?

Caroline Vuillemin: Die Geschichte der Fondation Hirondelle ist eng mit der Entwicklung der internationalen Gerichtsbarkeit verbunden, die seit Mitte der 1990er Jahre für schwere Menschenrechtsverstösse zuständig ist. Die Stiftung wurde nach dem Völkermord an den Tutsi in Ruanda gegründet und hat zunächst eine Radiostation in Bukavu (Demokratische Republik Kongo) errichtet, mit der man die Opfer und Vertriebenen des Völkermords erreichen wollte. Danach hat sie 1996 die Agentur Hirondelle News in einem Gebäude des IStGHR in Arusha (Tansania) eingerichtet, um zeitnah zu berichten und die Aufmerksamkeit der Medien vor Ort darauf zu lenken. Hirondelle News veröffentlichte Meldungen in Suaheli, Kinyarwanda, Englisch und Französisch, in den vier Sprachen der ruandischen Opfer und vertriebenen Bevölkerung. Auch hat die Agentur Dutzende von afrikanischen Journalist:innen in den Besonderheiten der internationalen Gerichtsbarkeit geschult.

Gemäss ihrer Satzung interveniert die Fondation Hirondelle in Ländern, die von schweren Krisen betroffen sind. Die Medien der Stiftung haben die Öffentlichkeit über die Prozesse der internationalen Gerichtsbarkeiten ihres Landes informiert: Radio Blue Sky im Kosovo (1999–2000), Radio Ndeke Luka in der Zentralafrikanischen Republik (RCA), Radio Okapi, später Studio Hirondelle, in der Demokratischen Republik Kongo. Unsere Aufgabe ist es, Nachrichten in der Sprache unserer Zuhörer:innen zu verbreiten, damit die Bevölkerung über die Prozesse der internationalen Gerichtsbarkeit informiert ist. Dadurch geben wir den unmittelbar Betroffenen eine Stimme. Als der IStGH die Verbrechen in der Demokratischen Republik Kongo und in Zentralafrika untersuchte, sind wir eine Partnerschaft mit ihm eingegangen. Er konnte in unseren Radiosendern zu Wort kommen, seine Aufgaben möglichst vielen Menschen erklären und Journalist:innen vor Ort finden, mit denen er zusammenarbeiten wollte.

Warum interessiert sich die Fondation Hirondelle für diese Themen?

Die Fondation Hirondelle wurde infolge eines Völkermords gegründet und hat die Menschenwürde ins Zentrum ihres Leitmotivs (Media for peace and human dignity) und Handelns gestellt. Nach derartigen Verbrechen gibt es wenige Möglichkeiten, den Opfern und den Beteiligten insgesamt ihre Würde zurückzugeben. Die Justiz kann dazu beitragen, indem sie die Gewalttaten benennt, die Verbrechen anerkennt, die Hauptverantwortlichen verurteilt und gegebenenfalls für Wiedergutmachung sorgt. Der Journalismus sorgt dafür, dass diese Arbeit öffentlich wird. Er ist das Bindeglied, die letzte Meile, zwischen einem oft sehr komplexen Gerichtsverfahren und der Bevölkerung.

Die internationale Gerichtsbarkeit hat sich in den letzten dreissig Jahren stark verändert. Welche Prioritäten hat die Fondation Hirondelle heute?

In erster Linie möchte die Fondation Hirondelle den Bedürfnissen der Bevölkerungen gerecht werden. Nach der Schliessung des IStGHR Ende 2015 haben wir uns gefragt, was wir mit unseren Medienerfahrungen, die wir im Bereich internationale Gerichtsbarkeit und Menschenrechte gemacht hatten, machen sollten. Wir haben damals ein neues Medium, Justice Info, gegründet, das sich nicht nur mit der internationalen Strafgerichtsbarkeit beschäftigt, sondern mit allen Prozessen der sogenannten Übergangsjustiz, die stärker auf Aspekte wie Wahrheit, Erinnerung, Wiedergutmachung und Nichtwiederholung fokussiert. Im Gegensatz zu den internationalen Gerichtshöfen ermöglichen diese Prozesse den Bevölkerungen, miteinander in Dialog zu treten und eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Mit der Berichterstattung in den Medien sorgen wir dafür, dass die Bevölkerung aktiv an diesen Prozessen beteiligt wird. Wir stellen eine Verbindung zwischen ihnen her.

Dieser Artikel ist unserer 12. Veröffentlichung "Mediation" mit dem Titel "Internationale Gerichtsbarkeit und Übergangsjustiz verständlich machen" entnommen, die unter diesem Link verfügbar ist.